Leben

Brückenbauer zwischen Rock und Klassik

Im oberfränkischen Naila 1958 geboren kam Joschi Schumann schon in seinen ersten Lebensmonaten in Kontakt mit der klassischen Musik: Sein musikalisch aktiver Vater spielte ihn mit der Geige in den Schlaf – und auch Joschi Schumann erlernte als Jugendlicher ein Streichinstrument: das Cello.

In den 1970er Jahren stellten der Vater, Joschi Schumann sowie zwei jüngere Brüder das Kirchenorchester in Buching/Ostallgäu, wohin die Familie inzwischen umgezogen war. Zudem war Joschi 1975 Co-Gründer der Buchinger Hardrockband „Negativ“, 1977/1978 agierte er als Gitarrist und Sänger bei „Carpe Diem“. Beide Bands existierten jedoch nur kurze Zeit.

Die Beschäftigung mit der Musik von Johannes Brahms, Antonin Dvorak, Robert Schumann einerseits und von Deep Purple, The Sweet, Pink Floyd oder auch Udo Lindenberg andererseits legte den Grundstein für Joschi Schumanns Schaffen: Denn für ihn schlossen sich klassische Musik und Rockmusik nicht aus; stattdessen wurden sie zu Inspirationsquellen für seine Werke. In seiner Komposition „Zwei Seelen in meiner Brust, mindestens“ hat Joschi Schumann dieses musikalische Brückenbauen dokumentiert.

Vom Liedermacher zum Komponisten

1982 gründete Joschi Schumann die Gruppe „Schefczyk“, anfangs in der Besetzung Cello, E-Gitarre und E-Bass. Inzwischen zum Literaturwissenschafts- und Theologiestudium nach München gezogen, tourte er mit seinen MusikerInnen durch die Münchner und süddeutsche Kleinkunstszene. Mitte der 1980er Jahre folgte das Debüt als Filmmusik-Komponist für den Streifen „Lone Wolf“.

Verlagerung ganz auf das Cello – und vieles mehr

Es folgte eine Fokussierung aufs Cello: So schrieb Joschi Schumann im Jahr 1988 – inzwischen Magister Artium der Literaturwissenschaften – seine Stücke für Cello-Quartett um; in den folgenden Jahren komponierte er unter anderem sein Cello-Konzert, das sein jüngster Bruder Manfred am 1. Oktober 1994 in Füssen als Solist uraufführte (in einer Fassung für Cello, Klavier und Violine).

Häufig frequentierte Spielstätten in München waren die Seidlvilla in Schwabing, die Sendlinger Kulturschmiede sowie das Werkhaus am Münchner Rotkreuzplatz.

Doch Joschi Schumann blickte immer wieder auch über den Cello-Rand hinaus: So vertonte er Gedichte von Hermann Hesse sowie Joseph Freiherr von Eichendorff für Sopranstimme und komponierte für Besetzungen mit Bläsern und Schlagwerk. Manchmal funktionierte er aber auch kurzerhand das Cello zum Schlaginstrument um, wie in „A Robert“ – einem Stück, in dem er ein Motiv von Robert Schumann verwendete.

Konter-Schaffenssturm gegen die Krankheit

Im Jahr 1997, mit knapp 40 Jahren, bekam Joschi Schumann die Diagnose Parkinson. Das eigene Cellospiel musste er daraufhin aufgeben, doch noch bis 2006 war seine Musik immer wieder auf der Bühne zu hören. Und innerlich, so beschrieb es Joschi Schumann einmal selbst, „tobte ein wahrer Schaffenssturm“.

So komponierte er unter anderem die Musik zum Film „Requiem für eine romantische Frau“ (1999) von Dagmar Knöpfel, der den bayerischen und hessischen Filmpreis erhielt. Auch an die prägende Kirchenmusik seiner Jugend knüpfte er an: mit seiner Cello-Solo-Messe, uraufgeführt im Jahr 2000.

In seinen letzten Lebensjahren verlagerte sich Joschi Schumanns künstlerisches Schaffen immer mehr auf die Fotografie; seine Bilder bearbeitete er am Computer, indem er mit Überblendungen, Collagentechnik, Farben und Formen spielte. Die Motive, die häufig Instrumente zeigen, veröffentlichte er in Kalendern und verwendete sie bei der Gestaltung seiner Notenausgaben.

Auch in längeren Texten thematisierte er das Musikerdasein sowie das Musizieren – und avancierte so zum Autoren eines Gesamtkunstwerks.

Am 5. Februar 2021 ist Joschi Schumann im Alter von 62 Jahren in München gestorben.